Stadthistoriker: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 27. März 2009, 15:08 Uhr

Es gibt Begriffe, die eine inflationäre Verwendung finden, ohne dass irgendeiner nach dem Inhalt oder den Sinn des verwendeten Begriffes fragt. Verantwortlich für diese Tendenz sind die Medien. Die Tageszeitungen an erster Stelle und ihnen folgend Hörfunk und Fernsehen.


Der Begriff des Stadthistorikers gehört zu den inflationär verwendeten Begriffen. Die Personen, die so benannt wurden, fühlten sich geadelt. Ob sie aber zu Recht diese Bezeichnung erhielten, danach fragten weder sie noch jene, die sie so titulierten, oder jene, die sie nach dieser Titulierung in ihrer Erhabenheit hofierten. Die Folge war und ist, dass auf diese Weise Menschen in das Vergessen gedrängt, die sich bleibende Verdienste um die Geschichte erworben haben und Menschen in den Mittelpunkt gerieten, die einer soliden Aufarbeitung der Geschichte mehr Steine in den Weg legten als von ihnen weggeräumt wurden.


Potsdam ist ein ideales Terrain, sich mit dem Phänomen des Stadthistorikers zu befassen. Wie in einem Brennglas werden hier Dinge schneller sichtbar, als das in anderen - wesentlich größeren - Städten der Fall war. Zudem ist Potsdam das ideale Terrain für all jene, die ansonsten vielleicht Probleme hätten, wahrgenommen zu werden. Denn sie wissen: Deutschland, und die Welt, schauen auf diese Stadt.


Begriffserklärung

1. Stadthistoriker in Festanstellung

Der Stadthistoriker ist die Anlaufstelle für alle Fragen zur Stadtgeschichte. Er betreut das Stadtarchiv und ist wissenschaftlicher Betreuer des Stadtmuseums. Kommunen, die stolz auf ihre Geschichte sind und ein Interesse an einer soliden Aufarbeitung derselben haben, leisten sich einen Stadthistoriker in Festanstellung.

Die Stadt Jena, die 2008 einen Stadthistoriker per Ausschreibung suchte, übertrug diesem folgende Aufgaben:

• analytisch-konzeptionelle Erarbeitung eines Lexikons und weiterer Publikationen zur Stadtgeschichte;

• Initiierung und Koordinierung der Aufarbeitung von unerschlossenen Quellen

• Koordinierung der Aufarbeitung der allgemeinen Stadtgeschichte in Vorbereitung der 775-Jahrfeier

• Initiierung von Angeboten zur Vermittlung der Stadtgeschichte (z.B. Tag der Stadtgeschichte)

• Darstellung der Forschungsergebnisse

• Begleitung öffentlicher Debatten über die Stadtgeschichte.


Die Schaffung einer festen Stadthistorikerstelle für die Beschäftigung mit der Geschichte einer Stadt bietet Vorteile.

Dem Historiker, dem die Stelle des Stadthistorikers anvertraut wurde, gibt sie finanzielle und soziale Sicherheit. Er kann sich voll seiner forschenden Arbeit widmen. Verfügt er über ausreichend Kreativität, Energie und die Fähigkeit, auch andere für seine Arbeit zu begeistern und sie in diese einzubeziehen, können in wesentlich kürzeren Zeitabständen Ergebnisse erzielt werden, wofür ansonsten Jahre zu investieren gewesen wären. Voraussetzung dafür wäre jedoch, dass er frei von einer Einmischung durch Politik und Verwaltung seiner Arbeit nachgehen kann und nicht diese behindernden Drücken, Anfeindungen oder Verdächtigungen ausgesetzt ist.


Und hier kommen wir auf das Thema der Nachteile des fest angestellten Stadthistorikers.

"Wes Brot ich eß, des Lied ich sing." Mit diesem Sprichwort lassen sich vielleicht die Hauptbedenken bezüglich der festen Stelle zusammenfassen. Im Interesse seines Auftraggebers die Geschichte zu interpretieren, wird dem Historiker unterstellt, seit es die Beschäftigung mit der Geschichte gibt. Und das war im Altertum. Völlig von der Hand zu weisen, ist diese Sorge nicht. Doch eine derartige Gefahr lässt sich bannen. Und bannbar ist sie, wenn man sich des wissenschaftlichen Herangehens an die Aufarbeitung von Geschichte besinnt und konsequent danach handelt. Und das ist in erster Linie Fleißarbeit. Arbeit, die sich nicht immer gleich in Publikationen äußert.


"Ein voller Bauch studiert nicht gern." Dieses Sprichwort verweist auf eine weitere Gefahr. Viele große wissenschaftliche Leistungen sind vor allem in solchen Situationen gebracht worden, in denen die Motivation des Handelnden besonders stark ausgeprägt war. Der Wunsch nach Erreichung sozialer Sicherheit oder nach einem Lebensstandard, der wissenschaftliches Arbeiten und "schönes Leben" im Einklang bietet, gehört dazu. Eine Möglichkeit, der hier angedeuteten Gefahr zu entgehen - und zwar sowohl im Interesse des Anstellenden als auch des Angestellten - ist ein Arbeitsvertrag, der eine Grundabsicherung und eine Mindeststundenzahl definiert und alles außerhalb dieser Zeit verdiente Geld , z.B. durch die Realisierung konkret definierter Auftragsarbeiten, als eine gewissermaßen leistungsbezogene Bezahlung definiert.


2. Frei arbeitende Stadthistoriker

Jeder nicht in einer Festanstellung untergekommene Historiker - Absolventen, wie auch aus einer Anstellung heraus gekündigte Wissenschaftler - ist auch in anderen Formen bemüht, seiner Profession nach zu gehen. Besonders hoch ist die Zahl freiberuflich tätiger Historiker nach gesellschaftlichen Umbruchsprozessen. Sie waren stets die ersten, die die Verantwortung für das Scheitern hochfliegender politischer Träume zu spüren bekamen. Zuvor mit Forschungsthemen befasst, die wesentlich größere Dimensionen erfassten (z.B. europäische oder Weltgeschichte, Politik- oder Philosophiegeschichte), suchen sie ihr Betätigungsfeld nun in der Regional-, Lokal- oder Familiengeschichte.

Neben den qualifizierten Historikern gibt es eine sehr große Zahl von aus anderen Berufen kommende Menschen, die sich nach beruflichen Veränderungen - Arbeitslosigkeit, Krankheit, Verrentung oder Pesnionierung - nicht auf die faule Haut legen möchten. Sie suchen nach einer sinnvollen Betätigung und nach öffentlicher Anerkennung. Die Zuwendung zu historischen Themen ist einer solchen Situation besonders ausgeprägt. Im Land Brandenburg gab es im Jahr 2008 grob geschätzt bis zu 9.000 Personen, die sich mit Tätigkeiten rund um die Aufarbeitung von Geschichte befassten. Die Hobbyhistoriker sind in ihrer Arbeit sehr engagiert, iunvestieren viel Zeit und auch nicht wenig Geld in ihr Hobby. Die Qualität der Ergebnisse weist aber ein breites Spektrum auf. Grund dafür ist, dass den Laienforschern die Kenntnis des Handwerkszeugs eines Historikers fehlt.


Stadthistoriker in Potsdam

Mit der Besiedlung der Insel Potsdam durch über Kenntnis in Wort und Schrift verfügende Menschen wird es auch Personen gegeben haben, die Aufzeichnungen über das Alltagsleben machten und dafür sorgten, dass diese aufbewahrt wurden. Aufzeichnungen machten Beamte, Pfarrer, Schulmeister, Kaufleute, Händler und andere. Aufbewahrt wurden ihre schriftlichen Produkte im privaten Bereich oder - wenn es sich im Dokumente mit amtlichen Charakter handelte - in Archiven. In gedruckter Form festgehaltene Aufzeichnungen fanden ihren Weg in Bibliotheken. Überstanden die nicht gedruckten und gedruckten Schriften Feuersbrünste, Kriege, Plünderungen, Ratten und anderes Ungeziefer sowie die Vernachlässigung durch die für ihre Aufbewahrung verantwortlichen Personen, konnten sie bis in die Gegenwart gelangen und uns von jenen berichten, die sie verfasst hatten.


18. Jahrhundert